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thomas villiger
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Aus einem Haufen von Gps-Punkten einer früheren
Reise – da wusste man vor lauter Punkten gar nicht mehr wohin – haben wir
5 gemacht und folgen diesen durch den Erg Ubari etwa entlang des
mittlerweile berühmten 11. Längengrades Richtung Süden, Richtung Al
Awaynat. Es ist wunderschön, die Dünen sind nicht allzu schwierig. Die
dünenfreien, teilweise üblen Passagen weiter im Süden bleiben uns auf
dieser Strecke weitgehend erspart. Knapp 70 Km vor Al Awaynat drehen wir -
einem Ausläufer des Ergs folgend – nach Westen ab, um ins Aramat zu
fahren. Wir erreichen das Plateau und dringen tief in das immer enger
werdende schöne Oued ein. Hier gibt es reichlich Vegetation. Ich kann es
mal wieder nicht lassen, seitlich die Felswand zu erklimmen. Mit
herrlichen Aussichten oben auf dem Plateau werde ich belohnt. Doch nun
muss ich wieder runter. Die gut 1,5 Meter hohe, unangenehme Steinstufe im
unteren Teil wartet schon auf mich. Langsam lasse ich mich an ihr runter
gleiten und muss dann los lassen, um das letzte kleine Stück halb fallend,
halb springend zu überwinden. Wenn ich jetzt einen falschen Impuls
erwische, lege ich die restlichen 20 Meter auch noch im freien Fall
zurück. Wäre sehr unschön. Doch es geht gut. Mit noch leicht zitternden
Knien erreiche ich meine Freunde wieder. Das Tal hier erinnert mich schon
ein wenig an das Oued Imirhou, das gut 100 Km weiter westlich in Algerien
liegt. Doch letzteres ist weitaus imposanter. Ach Algerien, wie gerne
möchte ich da mal wieder hin.
Wir fahren zurück und halten nun auf Al Awaynat zu. Ermanno, immer darauf
bedacht, ja nichts zu versäumen, überredet mich auf halber Strecke, mit
ihm einen Abstecher ins Meridet zu machen. Während sich die anderen schon
zu sehr mit der Aussicht auf die anstehende Dusche in Al Awaynat
angefreundet haben, machen Ermanno, Claudia und ich uns auf den Weg in das
uns noch unbekannte Gebiet, von dem ich schon öfter gehört habe und von
dem ein eindrucksvolles Foto auf einem der Campingplätze in Tekerkiba
hängen soll. Schnell erreichen wir den Ort unserer Neugierde, sehen aber -
wie so oft aus der Distanz - nichts besonderes, bevor wir plötzlich in
eine Art Wald von fantastisch geformten, bis zu 30 Meter hohen Felsspitzen
gelangen. Wir bewegen uns motorisiert und zu Fuß etwa 2 Stunden umher und
können uns gar nicht satt sehen an diesen in gelbem Sand gebetteten
Felsformationen, die unsere Fantasie gerade zu beflügeln. Dann müssen wir
zurück, wollen wir doch heute noch Al Awaynat erreichen, wo unsere Freunde
– hoffentlich – schon warten. Doch eines ist klar: Ich werde zurückkehren
und mir dann mehr, viel mehr Zeit nehmen. Ich versteh nicht, warum dieser
Ort nicht viel bekannter ist. Verdient hätte er es zweifellos. Ist etwa
die Konkurrenz von Akkakus und Wadi Mathendous einfach zu groß?
Oued bei Meridet
Bis Al Awaynat sind es nur gut 30 Km Luftlinie Richtung Ost-Nord-Ost. Dazu
müssten wir aber den kleinen Erg, der westlich der Straße Al Awaynat –
Ghat liegt, durchqueren. Das verkneifen wir uns – wir wollen ja heute noch
ankommen – und fahren nördlich am Erg vorbei, um dann von Nordwesten
kommend in Al Awaynat einzulaufen. Unsere Freunde haben sich auf dem
Campingplatz schon breit gemacht, soweit die 30 dort versammelten
französischen Camper das zugelassen haben. Wir restaurieren uns wieder und
vertrauen uns – wie fast immer wenn es möglich ist - der einheimischen
Gastronomie an. Isam, unser Libyscher Begleiter, ist natürlich besonders
froh. Kann er sich doch endlich mal wieder sprachlich problemlos
mitteilen. Mit uns ist die verbale Kommunikation nur sehr eingeschränkt
möglich, da Isam nur einige Brocken Englisch und Italienisch spricht und
wir nur wenige Wörter arabisch können. Dennoch haben wir Isam in unser
Herz geschlossen. Er ist sehr freundlich, sehr diskret, hilft, wo er nur
kann, spielt sogar immer wieder mit Gonzo. Aber auch Isam fühlt sich
offensichtlich sehr wohl in unserer Gesellschaft.
Weiter geht es zum Wadi Mathendous. Wir fahren über die Asphaltstraße
knapp 100 Km Richtung Ubari, biegen dann auf eine gut präparierte Piste
ab, die einem Oued folgend im Zickzack Richtung Wadi Mathendous führt.
Doch plötzlich ist die Rennpiste zu Ende und wir quälen uns über üble
Bulldozer-Pisten im Schneckentempo die fehlenden 50 Km bis zum Wadi
Mathendous. Unsere Gedanken sind bei Geli. Wird die werdende Mutter diese
Tortur überstehen? Was wird der kleine Gregor denken? Schon seit Beginn
der Reise hilft die ganze Mannschaft selbstlos und unaufgefordert den
werdenden Eltern bei der Suche nach einem Namen für den erwarteten
Stammhalter. ‚Gregor’ führt die Hitliste seit langem ungefährdet an.
Einwände der Eltern können nicht berücksichtigt werden. Sie sind in der
Minderheit.
Geli und der kleine Gregor halten sich tapfer. Jochen gibt sich ja auch
die größte Mühe, die Rüttelei auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Schließlich
ist sein Auto ja auch als Konferenzmobil und nicht als mobiler Kreissaal
zugelassen. Dennoch kann er sich einige unflätige Bemerkungen über die
Konsistenz des Fruchtwassers bei dieser Schüttelei nicht verkneifen.
Wir erreichen das Wadi Mathendous knapp 10 Km oberhalb der berühmten
Felsgravuren und übernachten im weichsandigen Oued. Über eine steile
Felsrampe verlassen wir das Oued nach Süden, um dann außerhalb zu dem
Nachlass einer längst vergangenen Epoche zu gelangen. Mit dem Alleinsein
ist es hier vorbei. Über 10 Fahrzeuge stehen auf dem ausgewiesenen
Parkplatz. An die 50 Personen sind zugegen, Touristen, Einheimische,
Schmuckverkäufer aus Schwarzafrika. Die Eintrittspreise sind auf einem
großen Schild ausgewiesen. Die Umzäunung ist zwar bereits wieder in einem
desolaten Zustand. Dennoch sieht es so aus, dass die Libyer nun ein
wachsames Auge auf ihr Weltkulturerbe werfen. Das ist auch gut so. Es soll
ja Leute gegeben haben, die hier mit Hammer und Meißel ganze Platten mit
Gravuren aus dem Fels gebrochen und mitgenommen haben. Die Gier der
Menschen ist einfach grenzenlos. Wir machen einen ausgiebigen Rundgang.
Die Kameras laufen heiß. Die Gravuren sind beeindruckend. Dennoch bin ich
ein wenig enttäuscht. Hatte ich mir doch alles noch viel imposanter
vorgestellt. Meine Erwartungshaltung war einfach zu groß.
Nach dem Kulturprogramm wenden wir uns profaneren Dingen zu. Wir machen
den fliegenden Händlern unsere Aufwartung. Während Gonzo und ich auf
diesen Programmpunkt hätten verzichten können – in meiner Brust schlägt
halt kein Händlerherz, ich kaufe lieber da ein, wo der Festpreis König ist
– ist bei den anderen ein gewisses Interesse durchaus erkennbar. Man
betrachtet, bewundert, diskutiert, handelt, feilscht, geht weg, kommt
wieder, zeigt sich interessiert, fasziniert, desinteressiert, brüskiert.
Jochen, seit langem Afrika erfahren und hinreichend des Französischen
mächtig, erweist sich in dieser Disziplin wieder als echter Profi. In
kürzester Zeit findet er einen direkten Draht zu den Händlern und
verhandelt dann auf Augenhöhe mit ihnen. Auch den Schwarzafrikanern
scheint das sichtlich Spaß zu machen. Diverse Schätze wechseln ihren
Besitzer. Irgendwie finde ich das ja dann doch interessant. Vielleicht
sollte ich beim nächsten Mal einen Versuch starten.
Feilschen auf Augenhöhe
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