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Libyen - "Guck du lieber mal nach vorne"

Reisebericht von Kalle Finger

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Aus einem Haufen von Gps-Punkten einer früheren Reise – da wusste man vor lauter Punkten gar nicht mehr wohin – haben wir 5 gemacht und folgen diesen durch den Erg Ubari etwa entlang des mittlerweile berühmten 11. Längengrades Richtung Süden, Richtung Al Awaynat. Es ist wunderschön, die Dünen sind nicht allzu schwierig. Die dünenfreien, teilweise üblen Passagen weiter im Süden bleiben uns auf dieser Strecke weitgehend erspart. Knapp 70 Km vor Al Awaynat drehen wir - einem Ausläufer des Ergs folgend – nach Westen ab, um ins Aramat zu fahren. Wir erreichen das Plateau und dringen tief in das immer enger werdende schöne Oued ein. Hier gibt es reichlich Vegetation. Ich kann es mal wieder nicht lassen, seitlich die Felswand zu erklimmen. Mit herrlichen Aussichten oben auf dem Plateau werde ich belohnt. Doch nun muss ich wieder runter. Die gut 1,5 Meter hohe, unangenehme Steinstufe im unteren Teil wartet schon auf mich. Langsam lasse ich mich an ihr runter gleiten und muss dann los lassen, um das letzte kleine Stück halb fallend, halb springend zu überwinden. Wenn ich jetzt einen falschen Impuls erwische, lege ich die restlichen 20 Meter auch noch im freien Fall zurück. Wäre sehr unschön. Doch es geht gut. Mit noch leicht zitternden Knien erreiche ich meine Freunde wieder. Das Tal hier erinnert mich schon ein wenig an das Oued Imirhou, das gut 100 Km weiter westlich in Algerien liegt. Doch letzteres ist weitaus imposanter. Ach Algerien, wie gerne möchte ich da mal wieder hin.

Wir fahren zurück und halten nun auf Al Awaynat zu. Ermanno, immer darauf bedacht, ja nichts zu versäumen, überredet mich auf halber Strecke, mit ihm einen Abstecher ins Meridet zu machen. Während sich die anderen schon zu sehr mit der Aussicht auf die anstehende Dusche in Al Awaynat angefreundet haben, machen Ermanno, Claudia und ich uns auf den Weg in das uns noch unbekannte Gebiet, von dem ich schon öfter gehört habe und von dem ein eindrucksvolles Foto auf einem der Campingplätze in Tekerkiba hängen soll. Schnell erreichen wir den Ort unserer Neugierde, sehen aber - wie so oft aus der Distanz - nichts besonderes, bevor wir plötzlich in eine Art Wald von fantastisch geformten, bis zu 30 Meter hohen Felsspitzen gelangen. Wir bewegen uns motorisiert und zu Fuß etwa 2 Stunden umher und können uns gar nicht satt sehen an diesen in gelbem Sand gebetteten Felsformationen, die unsere Fantasie gerade zu beflügeln. Dann müssen wir zurück, wollen wir doch heute noch Al Awaynat erreichen, wo unsere Freunde – hoffentlich – schon warten. Doch eines ist klar: Ich werde zurückkehren und mir dann mehr, viel mehr Zeit nehmen. Ich versteh nicht, warum dieser Ort nicht viel bekannter ist. Verdient hätte er es zweifellos. Ist etwa die Konkurrenz von Akkakus und Wadi Mathendous einfach zu groß?

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Oued bei Meridet

Bis Al Awaynat sind es nur gut 30 Km Luftlinie Richtung Ost-Nord-Ost. Dazu müssten wir aber den kleinen Erg, der westlich der Straße Al Awaynat – Ghat liegt, durchqueren. Das verkneifen wir uns – wir wollen ja heute noch ankommen – und fahren nördlich am Erg vorbei, um dann von Nordwesten kommend in Al Awaynat einzulaufen. Unsere Freunde haben sich auf dem Campingplatz schon breit gemacht, soweit die 30 dort versammelten französischen Camper das zugelassen haben. Wir restaurieren uns wieder und vertrauen uns – wie fast immer wenn es möglich ist - der einheimischen Gastronomie an. Isam, unser Libyscher Begleiter, ist natürlich besonders froh. Kann er sich doch endlich mal wieder sprachlich problemlos mitteilen. Mit uns ist die verbale Kommunikation nur sehr eingeschränkt möglich, da Isam nur einige Brocken Englisch und Italienisch spricht und wir nur wenige Wörter arabisch können. Dennoch haben wir Isam in unser Herz geschlossen. Er ist sehr freundlich, sehr diskret, hilft, wo er nur kann, spielt sogar immer wieder mit Gonzo. Aber auch Isam fühlt sich offensichtlich sehr wohl in unserer Gesellschaft.

Weiter geht es zum Wadi Mathendous. Wir fahren über die Asphaltstraße knapp 100 Km Richtung Ubari, biegen dann auf eine gut präparierte Piste ab, die einem Oued folgend im Zickzack Richtung Wadi Mathendous führt. Doch plötzlich ist die Rennpiste zu Ende und wir quälen uns über üble Bulldozer-Pisten im Schneckentempo die fehlenden 50 Km bis zum Wadi Mathendous. Unsere Gedanken sind bei Geli. Wird die werdende Mutter diese Tortur überstehen? Was wird der kleine Gregor denken? Schon seit Beginn der Reise hilft die ganze Mannschaft selbstlos und unaufgefordert den werdenden Eltern bei der Suche nach einem Namen für den erwarteten Stammhalter. ‚Gregor’ führt die Hitliste seit langem ungefährdet an. Einwände der Eltern können nicht berücksichtigt werden. Sie sind in der Minderheit.

Geli und der kleine Gregor halten sich tapfer. Jochen gibt sich ja auch die größte Mühe, die Rüttelei auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Schließlich ist sein Auto ja auch als Konferenzmobil und nicht als mobiler Kreissaal zugelassen. Dennoch kann er sich einige unflätige Bemerkungen über die Konsistenz des Fruchtwassers bei dieser Schüttelei nicht verkneifen.

Wir erreichen das Wadi Mathendous knapp 10 Km oberhalb der berühmten Felsgravuren und übernachten im weichsandigen Oued. Über eine steile Felsrampe verlassen wir das Oued nach Süden, um dann außerhalb zu dem Nachlass einer längst vergangenen Epoche zu gelangen. Mit dem Alleinsein ist es hier vorbei. Über 10 Fahrzeuge stehen auf dem ausgewiesenen Parkplatz. An die 50 Personen sind zugegen, Touristen, Einheimische, Schmuckverkäufer aus Schwarzafrika. Die Eintrittspreise sind auf einem großen Schild ausgewiesen. Die Umzäunung ist zwar bereits wieder in einem desolaten Zustand. Dennoch sieht es so aus, dass die Libyer nun ein wachsames Auge auf ihr Weltkulturerbe werfen. Das ist auch gut so. Es soll ja Leute gegeben haben, die hier mit Hammer und Meißel ganze Platten mit Gravuren aus dem Fels gebrochen und mitgenommen haben. Die Gier der Menschen ist einfach grenzenlos. Wir machen einen ausgiebigen Rundgang. Die Kameras laufen heiß. Die Gravuren sind beeindruckend. Dennoch bin ich ein wenig enttäuscht. Hatte ich mir doch alles noch viel imposanter vorgestellt. Meine Erwartungshaltung war einfach zu groß.

Nach dem Kulturprogramm wenden wir uns profaneren Dingen zu. Wir machen den fliegenden Händlern unsere Aufwartung. Während Gonzo und ich auf diesen Programmpunkt hätten verzichten können – in meiner Brust schlägt halt kein Händlerherz, ich kaufe lieber da ein, wo der Festpreis König ist – ist bei den anderen ein gewisses Interesse durchaus erkennbar. Man betrachtet, bewundert, diskutiert, handelt, feilscht, geht weg, kommt wieder, zeigt sich interessiert, fasziniert, desinteressiert, brüskiert. Jochen, seit langem Afrika erfahren und hinreichend des Französischen mächtig, erweist sich in dieser Disziplin wieder als echter Profi. In kürzester Zeit findet er einen direkten Draht zu den Händlern und verhandelt dann auf Augenhöhe mit ihnen. Auch den Schwarzafrikanern scheint das sichtlich Spaß zu machen. Diverse Schätze wechseln ihren Besitzer. Irgendwie finde ich das ja dann doch interessant. Vielleicht sollte ich beim nächsten Mal einen Versuch starten.

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Feilschen auf Augenhöhe


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Stand: Sonntag, 29. Juli 2007.